Feuerstelle im Denghoog bei Wenningstedt

War die Feuerstelle im Denghoog vor etwa 5.200 Jahren (während der Trichterbecherkultur) nur eine Kochstelle für die Menschen in der Jungsteinzeit?

In Mittel- und Südeuropa hatten die Menschen zum Teil große Höhlen, in denen sie an offenen Feuern kochen, arbeiten und sich wärmen konnten.

„Antike Höhlenbewohner kontrollierten Feuer, um Rauchbelastung zu verringern“, Quelle: 15 Februar, 2022 – 15:13 NATHAN FALDE

An der Decke des Denghoogs befindet sich eine Lücke, die ursprünglich ein Rauchabzug für die darunter befindliche Feuerstelle gewesen sein könnte. Denn ohne einen Rauchabzug lässt sich die Größe der Feuerstelle, die immerhin ca. 25 % der Steinkammerfläche umfasst, nicht erklären.

„Selbst nach über 5.000 Jahren zeigte sich gerade an den über diesem Platz zusammenstoßenden Decksteinen 1 und 2 eine sehr deutliche Schwärzung (durch Rauch). Ich werde deshalb in der Folge diese Abteilung die Feuerstelle benennen.“

„Die Feuerstelle war von dem übrigen Raum durch 5 verschieden lange platte Steine abgetrennt. Sie ragten ca. 25 cm über dem Bodenniveau hervor und wurden zusätzlich durch kleinere dahinter gelegte Steine als Widerlager gestützt.

Der besonders sorgfältig zugerichtete Untergrund bestand, wie aus Fig. 4 ersichtlich, in der ganzen Ausdehnung der Feuerstelle aus einer ca. 9 cm dicken Lage kleiner Steinfragmente und einem darunter ruhenden vollkommenen Pflaster platter Steine“.

Daraus könnte man schließen, dass der Denghoog ursprünglich als abgeschlossener Raum für die Herstellung von Tongefäßen und Verarbeitung von Birkenrinden Pech gebaut wurde. Denn dafür brauchten die Menschen ein gleichmäßiges, dauerhaftes Feuer, ein umfassendes Wissen und eine sichere Werkstatt.

„Der Boden der Steinkammer wurde einer sehr sorgfältigen und genauen systematischen Durchwühlung unterworfen, dergestalt, daß so weit als irgend thunlich für jeden aufgefundenen Gegenstand die Fundstelle notiert und im Plane (Fig. 3, Taf. I) mit einer Nummer bezeichnet ist. Bei der so angewendeten Sorgfalt und bei der Zuverlässigkeit meiner trefflichen Arbeiter darf ich behaupten, daß mit Ausnahme einiger unter der Hand zerfallener Knochenreste und mancher ganz zerbröckelter Thonfragmente kaum etwas in dem Erdreich unbeachtet geblieben ist, und daß auch kein Fundstück existiert, welches nicht zu meiner Kenntnis und in meinen Besitz gelangte. Da ferner das Erdreich bis auf ca. ½ bis 1 Fuß Tiefe umgegraben und untersucht wurde, und die Beschaffenheit der letzten Schichten die gegründete Vermuthung erweckte, daß unter ihnen keine Culturschichten mehr vorkommen würden, wie man dies allerdingst an anderen Gangbauten beobachtete, so kann ich, wie ich Glaube, mit Recht versichern, daß in den nachfolgenden Blättern der gesamte Inhalt unseres Bauwerkes zur Berücksichtigung und Beschreibung gekommen ist. Dies ist ein für manche Behauptungen und Schlußfolgerungen bekanntlich nicht unwichtiger Umstand“.

„Es bedarf indessen noch einige weitere Bemerkungen über unsere Objekte“

„Zunächst sei hier erwähnt, dass die Gefäße IV und VIII, namentlich das letztere, sehr deutliche Spuren des Gebrauchs im Feuer verraten. An beiden zeigt sich eine, nicht etwa gleichmäßige und durch Einreiben mit Kohle bewirkte, sondern eine lokale Schwärzung, welche bei VIII sich bis zu einer ziemlich starken Kruste von schwarzer Masse steigert“.

Die Gefäße IV und VIII hat man offenbar für die Pyrolyse von Teer/Pech verwendet. Das 13,0 cm hohe Gefäß IV wurde hierfür ca. 9 cm tief in die „Lage kleiner Steinfragmente“ der Feuerstelle gestellt. Anschließend stellte man das mit gesäuberter Birkenrinde gefüllte Gefäß VIII auf das Gefäß IV. Mit einem Klei-/Tongemisch wurde die Verbindung am Gefäßrand IV feuer- und luftdicht verschlossen und mit einem gleichmäßigen Feuer die Birkenrinde bei 370 – 400 Grad etwa 2 Std. in dem luftdicht gedeckelten Gefäß VIII erhitzt („Teerproduktion im Doppeltopf-Verfahren“).

„Kleinere Mengen von Pech können mit dem sogenannten Doppeltopf-Verfahren produziert werden. Hier wird mit einem System aus zwei übereinander angeordneten Töpfen gearbeitet.

Quelle: Auszug aus einer Veröffentlichung von Claudia Gross & Thorsten Koch

„Bei der näheren chemischen Prüfung ergab sich dieselbe als eine sehr Aschenreiche Kohle und da diese vorwiegend an der Innenfläche saß, so bleibt zu vermuten, dass sie von Speiseresten herrühren. Es sei zugleich betont, dass dieses Gefäß bei Fundstelle 8, also nahe der Feuerstelle und das Gefäß IV bei der Fundstelle 4 in der Feuerstelle gelegen hat. ….. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass ehedem sämtliche Gefäße sehr wohl zu jenen Zwecken brauchbar gewesen sind.“ 

„Holzkohle, diese wurde besonders auf und in der Nähe der Feuerstelle zahlreich, aber in sehr kleinen Fragmenten angetroffen. Außerdem fanden sie sich an verschiedenen anderen Stellen des Bodens dem Erdreich in kleiner Menge eingestreut. 

Bei der „Holzkohle“ handelt es sich offenbar um die geschwelte Asche der Birkenrinde aus dem oberen Gefäß.

Vermutlich konnte reines Pech, zur Herstellung von Medikamenten, Pflegemitteln und Chemikalien, von den „Alchemisten“ erst nach Verfügbarkeit der Keramikgefäße im Gangbau entwickelt werden. Dies könnte zu Beginn der Trichterbecherkultur etwa 3.200 v. Chr. gewesen sein

Wenn Wibel schreibt, dass die Gefäße „zierlich und gefällig seien“, so stellt sich die Frage, ob sie aufgrund ihrer Form und Größe überhaupt als Urne oder zum Kochen von Speisen geeignet waren.

Die Birkenrindenrückseite könnte man mit Flintsteinschaber gesäubert und in kleine Stücke geschnitten in das Gefäß (VIII) eingepackt haben.

Dr. Maria Wunderlich schreibt in ihrem wissenschaftlichen Beitrag Der Denghoog LA85 bei Wenningstedt auf Sylt: „Die Flintartefakte sind zum Teil erhalten. Bei unvollständigen Stücken lässt sich die ursprüngliche Form erkennen. Drei der Steine weisen keinen Schlagflächenrest mehr auf, während die restlichen Exemplare, bis auf eine teilweise mit Rinde bedeckte Schlagfläche, glatte Schlagflächen haben“.

Dr. Maria Wunderlich, „Der Denghoog LA85 bei Wenningstedt“ Auszug, Seite 31

„Ein schöner Hohlmeißel aus Flint. An den Heftenden fanden sich noch Reste einer braunen Masse, welche sich bei der Prüfung als Harz (Asphalt) ergaben, mittels dessen das Geräth in den Stiel festgekittet war“. 

Am Ende der Jungsteinzeit (ca. 2.800 v. Chr.)

könnten die Bewohner ihrem letzten „Alchemisten“ nach seinem Tod eine würdige Ruhestätte in der Mitte der Steinkammer, neben seinem Werkzeug und der Feuerstelle bereitet haben.

Den Rauchabzug oberhalb der Feuerstelle schlossen sie mit kleinen Schlusssteinen und den 6 m langen Gang füllten sie mit grauer Erde, durchsetzt mit faust- und kopfgroßen Steinen. Die Füllerde kann sich in den vergangenen 5.000 Jahren um etwa 25 % gesetzt haben. Davon konnte sich der Verfasser während einer Denghoog Besichtigung im Frühjahr 1949 persönlich überzeugen. Beim Blick über die Erdfüllung in den Gang konnte man lediglich einen indirekten Lichteinfall vom Ausgang her wahrnehmen.

Um den ursprünglichen Gangbau (grüne Linie) haben die Bewohner wahrscheinlich einen Ring aus etwa 50 Findlingen gelegt, zur Befestigung einer Hügelaufschüttung aus einer gelben Sandschicht und einer grauen Sandschicht sowie einer Humuserdeabdeckung mit Grassoden (rote Linie).

Fortan könnte der Hügel für nachfolgende Generationen ein Grabmal oder Heiligtum, eine Gedenkstätte, an der sie die Urnen ihrer Verstorbenen niederlegten oder ein Platz für heidnische Bräuche gewesen sein. Aber auch ein Tinghügel, auf dem Recht gesprochen oder verhandelt wurde.

„Oberschenkelknochen eines erwachsenen Mannes aus dem Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt*“.

Aus dem Beitrag: „Die Veränderungen der Knochen bei langer Lagerung im Erdboden und die Bestimmung ihrer Lagerungszeit durch die chemische Analyse“ Herausgeber: K.W.M. Wiebel, Professor der Physik und Chemie, Hamburg 1869, Seite 4

„Die zur Analyse verwendeten Fragmente eines Oberschenkelknochens waren lufttrocken, sehr locker und liessen sich leicht zu einem feinen, gleichmäßigen, bräunlichgrauen Pulver zerreiben. Sie reagierten durchaus neutral“.

*Die nähere Schilderung dieses interessanten Denkmals findet sich in dem Schriftchen: Dr. F. Wibel der Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt. Kiel, 1869.

„Es hat für die vorliegende Analyse nur die Thatsache Interesse, dass in diesem Baue keinerlei Metallgegenstände gefunden wurden und derselbe aus diesen und anderen Gründen mit zu den älteren Ueberresten menschlichen Daseins, d. h. zu der eigentlichen, wenn auch nicht frühesten Steinzeit zu rechnen ist“.

„Der prächtige Gangbau des Denghoogs war entweder

1. sowohl Wohnung als Grabstätte, oder (wahrscheinlicher !): nur Wohnung, in welcher durch zufällige Umstände veranlaßt ein Leichnam eingeschlossen blieb.

2. Die Gangbauten sind ursprünglich sämtlich als Wohnungen benutzt worden.

3. Ein Theil derselben diente gelegentlich als Grabstätte, und bewirkte so auf den ersten Anblick die früher übliche Unterscheidung der Bauten in Ganggräber und Ganghäuser.

4. Alle Gangbauten gehören der Stein-Zeit an; sie sind aber entweder überhaupt nicht als die ältesten Bauten zu betrachten, oder reichen jedenfalls in jüngere Zeiten jener Periode hinein.

Mögen nun fernere Untersuchungen bald und sicher herausstellen, ob diese Behauptungen den Rang feststehender Thatsachen zu beanspruchen haben oder nicht.“ 

„Der Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt“

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