„Bleibt die Hörnum Odde als Sandbank erhalten?“
In alten Seekarten und Segelanweisungen findet man Hinweise, dass zwischen Sylt und Amrum ein gefährliches Seegebiet liegt. Südwestlich von Amrum zieht sich ein Riff bis hinauf zur Hörnum Odde. Die Seekarte „Licht der Zee-vaert“ aus dem Jahr 1608 beinhaltet bereits Informationen, wie sie auch in aktuellen Seekarten angezeigt werden.
Da heißt es in der Segelanweisung von 1608, als Übersetzung und Transkription von Maria und Tonke Ufkes:
„Wer in das Roode diep oder Silterdiep von Heylighelandt (Helgoland) kommend segelt und das Land liegen sieht, hält sich Richtung Osten (siehe Kurs in der Seekarte) bis er zwischen Ameren (Amrum) und dem Silterriff ankommt. Dann sieht er den Strand von Ameren Süden und Südwest vor sich liegen. Weiter darf er in dieses Loch nicht segeln, denn dann kommt man an die Insel Vooren (Föhr). Dort liegen zwei Riffe oder böse Sandbänke. Ein weiteres Riff liegt West- Südwest von Ameren, das liegt trocken über Wasser, es ist sehr flach, nämlich drei, vier und fünf Faden. Es wird von Jutthen (Jutländer) Born oder Amerenborn genannt, obwohl es nicht direkt mit Ameren verbunden ist. Denn das Roode diep liegt dazwischen. Es ist auch mit dem Voortrap (1) beziehungsweise dem Südende von Silt nicht verbunden, weil es dort getrennt. Denn dazwischen liegt ein Visseberg (Fischersgat 2) tief im Meer von ungefähr eineinhalb Faden (2,70 m), wo die Fischer täglich ausfahren um zu fischen. Sie kommen hauptsächlich von der Insel Vooren. Das Visseberg diep liegt im äußersten Sand des Riffs. Diejenigen die diese Segelroute oft benutzen um nach Rypen (Ribe) oder dem Umland zu fahren, fürchten den Amerenborn“.
Daraus lässt sich schließen, dass schon vor über 400 Jahren vor der Insel Amrum bis hinauf zur heutigen Hörnum Odde auf Sylt, ein Riff/Barre bestanden hat.
Seekarte „Paskaart van de Jusche Cust“
Auf der Seekarte „Paskaart van de Jusche Cust“ von Hendrick Doncker aus dem Jahr 1640 erkennt man bereits wesentliche Veränderungen. Offensichtlich wurden diese durch die verheerende „Burchardi Flut“ im Oktober 1634 verursacht. Während Nordstrand und Pellworm erstmals als getrennte Inseln dargestellt werden und das Hörnumtief nach einem Meeresdurchbruch in Richtung Föhr seine heutige Lage erhält, bleibt das ehemalige Sylter Riff mit dem Fischersgat nahezu unverändert. Hierdurch verlagern sich langfristig vermutlich nur die Gezeitenströme und Sandbänke.
Bild 1: Nach Einschätzung der Archäologen wurde der etwa 12 Meter lange Lastensegler Ende des 17.Jh. gebaut.
Bild 2: Versteinerungen an den Spanten und verhärteter Klei an gebrochenen Holznägeln lassen erkennen, dass sich unter dem Strandsand eine Schicht Klei und darunter eisenhaltiger Limonitsand befindet.
Um 1950 erreichte die Insel Sylt mit einer Randdüne die südlichste Ausdehnung.
Von zahlreichen „Landmarken“ an denen sich früher die Strandspaziergänger orientieren konnten gibt es heute nur noch die Tetrapoden und 9 Stahlbuhnen, die 1936 zur Sicherung der Ostküste an der Hörnum Odde gebaut wurden. Die Buhnen1 und 2 wurden 2018 bzw. 2022 gezogen. Reste der Buhnen 4, 5, 6 und 7 findet man noch am Fuß der östlichen Randdüne. Die Buhnen 3, 8 und 9 sind eingesandet.
Im Seegebiet vor den Inseln Sylt und Amrum haben sich durch Sandverlagerungen und Sandbänke die Wassertiefen seit 2007 verringert.
Das zeigt ein Auszug der Seekarte „Vortrapptief und Hörnumtief“, (2. Ausgabe 2020 vom „Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie“) im Vergleich mit der Ausgabe 2007. Dafür wurde im Küstenbereich und südlich der Hörnum Odde die „2 Meter Tiefenlinie“ rot gefärbt.
Hörnum Odde – Oktober 2017 – „Die holozänen Sande reichen mit außerordentlich welliger Grenzfläche bis auf Tiefen zwischen NN – 6 und – 19 m herunter. Die großen Tiefen liegen nahe dem Weststrand. Nach Süden hin reicht der Bereich der hochliegenden Pleistozänoberfläche (NN – 10 m) – unterbrochen von einer etwas tieferen Rinne – bis zur Mitte der Hörnum Odde, wo über der tiefliegenden Tertiäroberfläche eine mächtige Serie pleistozäner Sande mit Beckenschluff- und Geschiebemergeleinlage bis in mehr als 30 m Tiefe erbohrt wurde. Erst im südlichen fällt die Holozänbasis steil auf unter – 27 m ab. Obwohl das Gebiet der heutigen Odde-Spitze erst nach 1928 landfest geworden ist, beweist das Vorkommen einer dünnen, unter Süßwasserbedingungen entstandenen Mudde im Tiefenniveau von NN – 0,85 m inmitten einer Serie mariner schillführender Sande, dass das Inselende in der Vergangenheit schon einmal bis über die heutige Oddesüdspitze hinausgeragt hat“. (Zitat Ende)
Quelle: GEOMAR „Klimaänderung und Küste – Fallstudie Sylt“ Abschlußbericht Mai 2000 – Seite 9