Nordfriesland um 1240
Dreizehn Jahre nach der verheerenden Sturmflut vom 11./12. Oktober 1634, die das nordfriesische Wattenmeer und die Sylter Küste wesentlich veränderte, veranlasste der dänische König Christian IV. die Ernennung Johannes Mejers zum königlichen Mathematiker und Kartographen.
Er beauftragte ihn zunächst die Westküste von Schleswig-Holstein aufzunehmen. Dazu schreibt der Chronist Rolf Spreckelsen in der „Chronik Norddörfer Sylt“ Bd. 1: „1638 bis 1648 führt Johannes Mejer seine Landvermessung durch. Seine Kartenbilder erscheinen im Jahr 1652 in der Danckwerthschen Landesbeschreibung. Danckwerth schreibt dazu wörtlich (pag. 39): So viel endlich die Landkarten des alten Nordfrieslandes anreichet, zeuget der Königl. Mathem. Johannes Mejer, dass er fleissig den Tieffen nachgefahren und alte glaubwürdige Männer zu Gefehrten mit sich genommen, welche ihm die Oerter , wo die Kirchen und Doerffer belegen, ja die gantze Gegend gezeiget haben, wonach er denn Carten formiret und in Grund geleget habe.“ Zitat Ende
In der Karte von 1240 erscheint erstmals ein Hafen mit dem Namen „Wendingstadt“ und der Ort wird mit dem gleichen Stadtsymbol wie die Stadt Ribe markiert.
Münzfund aus der Wikingerzeit in List
Was Johannes Mejer bei seinem Sylt Aufenthalt nicht erkennen konnte, war ein Wikingerschatz in List.
Darüber schreibt Peter La Baum in „Vorgeschichte der nordfriesischen Inseln“: „Beim Einebnen einer flachen Dünenkuppe von etwa 40 Meter Durchmesser und 0,8 Meter Höhe zwischen den Holzbuden von Woll-Cordsen und der Buchhandlung Dresp, die nach Mitteilung von Hofbesitzer Peter Dietrichsen in List Sütterknoll oder Skomagerknoll genannt wurde, fand man im Mai 1937 einen Silberschatz, der in einem Kuhhorn mit Bleideckel in 0,3 Meter Tiefe unter der dünnen Mutterbodenschicht vergraben war“.
„Von den 616 ganzen Münzen des Fundes sind 546 Gepräge des Königs Aethelraed II. (978 bis 1016). Durch besonders schöne Erhaltung zeichnet sich die große Masse der englischen Münzen aus. Die Vergrabungszeit des Fundes ist um 1000 anzunehmen, weil Münzen Heinrichs II. (1002 bis 1014) fehlen, andererseits Aethelraeds Typ D (ab 997 geprägt) noch stark vertreten ist“ Zitat Ende
Morsum Kliff
Das Morsum Kliff ist vor etwa 150 000 Jahren während der Saale Eiszeit durch eine Erdstauchung entstanden. An dem über 1000 Meter langen Kliff sind bis zu 10 Millionen Jahre alte Erdschichten sichtbar. Für die Arbeit von Johannes Mejer war das Morsum Kliff sicherlich eine wichtige Landmarke.
Erdbohrung S 215 bei der Kreuzwehle
Über die Wehlen und Siele in der Marsch zwischen Keitum und Archsum muss Mejer nähere Informationen gehabt haben. Denn C.P. Hansen schreibt in seinem Beitrag im Staatsbürgerlichen Magazin von Dr. U. Falck: „Die Wehlen oder Bäche der Sylter Wiesen sind durch das Meer, theils beim Anströmen der Fluth, theils beim Abfluß der Ebbe nach Überschwemmungen entstanden und haben sich zum Theil erst nach dem Jahre 1600, wahrscheinlich um 1634 gebildet, wenigstens sehr vergrößert; denn der, das südliche Wiesenland auf Sylt früher schützende Deich umschloß auch die jetzigen Wehlen, bis er in den Überschwemmungen von 1593, 1598 und 1634 gänzlich zerstört wurde und nun erst das Meer freien Spielraum gewann, um Wehlen zu veranlassen. Die bedeutendsten dieser Wehlen sind alle an der Südseite der Insel. In der Mündung dieser Wehlen hat man neulich Überreste einer alten Schleuse entdeckt, welcher Umstand es wahrscheinlich macht, daß diese Wehle älter als seit 1634 seyn muß.“ Zitat Ende
Über die Klei- und Sandschichten in diesem Bereich findet man in den Bohrprotokollen von 1937 den Hinweis: „Ob es sich um die Ausfüllung einer örtlich beschränkten Hohlform handelt, oder ob eine aus der Gegend der Kreuzwehle kommende, sich gegen Norden vertiefende und dorthin verlaufende Rinne vorliegt, in der die damalige Nordsee von Norden nach Süden vorgedrungen war, lässt sich mit den bisher vorliegenden Angaben nicht entscheiden“
Fundstelle Wrack auf der Hörnum Odde
Bei dem Wrack handelt es sich um ein „Niederländisches Kraweel“, ein doppelwandiger Lastensegler aus dem 17. Jh. Durch eine dendrochronologische Analyse stellte man fest, dass das Holz im Jahr 1668 bzw.1690 geschlagen wurde. Aus dieser Jahrgangsbestimmung schließen Archäologen, dass das Schiff um 1695 gebaut und bei der Strandung etwa 25 Jahre alt gewesen sein könnte.
Vermutlich erfolgte die Strandung bei einer der schweren Sturmfluten im Jahr 1717 oder 1721. Daraus lässt sich schließen, um wieviel Meter die Insel Sylt in den vergangenen Jahren gewachsen ist.
Fundstelle Alt Rantum
13 Jahre nach der schweren Sturmflut vom 11./12. Oktober 1634 war die Entwicklung des neuen Küstenbereiches, mit seinen hohen Sandwällen vor dem südlichen Inselhaken, für Johannes Mejer überschaubar. Vermutlich standen ihm zu dieser Zeit auch glaubwürdige Informanten und Dokumente zur Verfügung.
Wahrscheinlich hat Mejer die Häuser und Brunnen sowie das Hünengrab von Alt Rantum noch gesehen, bevor Sandstürme die Dünen darüber wehten. Nach schweren Sturmfluten, wie im Jahr 1981 wurden die Reste von Alt Rantum erneut sichtbar, um danach wieder von Sandvorspülungen zugeschüttet zu werden.
Fundstelle Eytum Kirche „St. Niels“
Die bereits im Jahr 1634 aufgegebene Eytum Kirche „St. Niels“ hat Johannes Mejer in seiner „Landcarte von dem Alten Nordfrieslande 1240“ eingezeichnet. Daher haben später oft auch Kartografen und Historiker den Kirchenstandort übernommen.
Alte Westerländer erinnern sich noch an den Namen „Kirchendüne“ für das Dünenmassiv am Strandübergang „Himmelsleiter“.
Das Protokoll der Bohrung S 28 aus dem Jahr 1937 lässt bereits die im Winter 2016 freiliegenden Erdschichten und Steinansammlungen in Nähe des vermuteten Fundortes erkennen.
Für die Beseitigung einer Buhne wurden Mitte November 2021 die hölzernen Buhnenpfähle freigelegt. In dem Sandaushub entdeckte man nach dem Hochwasser, in einem Spülfeld zahlreiche, verschiedenartige Objekte, die vermutlich von der alten Eytum Kirche „St. Niels“ stammen. Dazu gehört auch dieser etwa 65 cm hohe und ca. 70 kg schwere Prophyr sowie rote und schwarz engobierte Backsteine, verschiede Hölzer und Bruchstücke einer ehemaligen Steinrinne.
Kieptrum auf dem Roten Kliff
Über einen Beitrag von C.P. Hansen schreibt Dr. U. Falck im „Staatsbürgerlichen Magazin“ – Jahrgang 1864 – folgendes: „Im Westen des jetzigen Theiles der Insel soll, wie schon erwähnt, einst eine Bucht der Nordsee, dem Friesenhafen, ein bedeutender Fischerort, Namens Wendingstadt gelegen haben. Im Jahre 1362, nach andern aber schon früher, wäre dieser Ort durch eine Ueberschwemmung untergegangen. Die wenigen am Leben gebliebenen Bewohner hätten sich darauf rings um einen kleinen See, welcher durch das Rißgabb *) mit dem Friesenhafen ehemals in Verbindung stand, angebauet, und den Ort nach dem verschwundenen Wenningstedt genannt.
Merkwürdiger als der Untergang Wendingstadts ist das auf dem hohen Kliff in nordwestlicher Richtung von dem jetzigen Wenningstedt vor einigen Jahren bemerkte Wiedererscheinen von Stavenplätzen, Mauerwerk, Steinpflaster u. a. Gegenständen eines seit Jahrhunderten im Sande begrabenen, längst vergessenen Dorfes, nachdem die Dünen völlig über den Ort weggeschritten waren. Wir halten dafür, daß die Trümmer des wiedergefundenen Dorfes von dem alten Kieptrum, welches nach den Charten Mejer’s in der Gegend des jetzigen rothen Kliffs gelegen hat, herrühren.
*) Das Rißggabb ist eine ziemlich enge Thalschlucht, welche gegenwärtig einen Fahrweg nach dem westlichen Strande und zwar den einzigen durch das rothe Kliff führenden, bildet“. Zitat Ende
Untergrund der Sylter Westküste von der Wehle am Kliffende bis zum Ellenbogen
Die Wehle am Kliffende in Kampen, mit einem Priel zum Wattenmeer, könnte für Johannes Mejer auch eine wichtige Landmarke gewesen sein.
Eine Wehle entsteht, wenn aufgestautes Wasser mit hohen Druck durch einen Damm- oder Dünenbruch strömt und dabei eine Auskolkung, die bis zu 10 Meter tief sein kann, verursacht. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung im Listland und am Weststrand, wurden zahlreiche Erdbohrungen bis zu einer Tiefe von 50 Meter niedergebracht. Dabei stellte man fest, dass kiesiger Sand und Kaolinsand aus den Urstromtälern der Eiszeiten – am Lister Weststrand – erst in 30 bis 45 Meter Tiefe angetroffen wurde. Darüber befand sich eine 5 bis 10 Meter starke Strandsandschicht, zum Teil auch eine 2 bis 5 Meter starke Kleidboden Schichtung. Daraus könnte man schließen, dass diese Wehle eine größere Ausdehnung hatte.
In einer Karte von 1640 schreibt der Verfasser Johannes Wittemak bei Punkt 11 zum Kliffende: „Hier falt mit einem hogan storm dat Water heröver“.
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