Geheime Kommandosache Sylt – „Batterie Scheer“ 1938

Aus der Planung und dem Bau eines Geschützbrunnens für eine 38 cm Kanone in den Lister Dünen, wurde eine Legende.

Das „Kommando der Marinestation der Nordsee“ in Wilhelmshaven, schrieb am 1. April 1938 an das „Oberkommando der Kriegsmarine“.

Auszug: „Anliegend wird ein Antrag der Kdtr. Nordfriesland auf Verbesserung des schweren Küstenschutzes von Sylt und die Stellungnahme der A.J. dazu vorgelegt.

Das „Stationskommando hält eine Modernisierung und Verstärkung des Küstenschutzes von Sylt grundsätzlich für notwendig, da die Insel mit ihren 4 Fliegerhorsten sowie den Einsatzhäfen List und Hörnum für die Seekriegsführung erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Die Forderung nach der Möglichkeit einer Beschießung von Esbjerg wird jedoch für zu weitgehend gehalten. In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der A.J. erscheint daher ein Kaliber von 30,5 cm ausreichend, zumal mit der Neukonstruktion von 38 cm Küstengeschützen bei der derzeitigen Material-und Arbeitslage wohl in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sein wird“.

Für den Transport des 110 t schweren und 19,6 m langen Geschützrohres und des Bettungsschießgerüstes begann man 1939 mit dem Bau einer Reichsbahntrasse ab Westerland. Der Anschluss erfolgte über das Reichsbahngleis beim Fliegerhorst in Richtung List, auf der heutigen Trasse der Umgehungsstraße, bis zur südlichen Ortsgrenze von Wenningstedt. Dort hat man die Erdarbeiten, nach der Besetzung Dänemarks und Norwegens, im Frühsommer 1940 wieder eingestellt.

Trotz zahlreicher Anträge, Planungen und Beschlüsse kam es bis zum Ende des Krieges nicht zu einem weiteren Ausbau des Geschützbrunnens und der beabsichtigten „Batterie Scheer“ mit vier 38 cm Kanonen.

RAF Luftaufnahme – Flug 106 G, am 12. Sep. 1944 No. 544 Squadron.

Im Kriegstagebuch Sylt findet man am 12.09.1944 um 12:30 Uhr folgenden Eintrag: „Mosquito überfliegt Insel Röm dreht auf Südkurs, überfliegt Sylt bis Mitte der Insel und dreht nach dem Festland ab. Zielhöhe 8.500 m über Inselmitte“. So entstanden das Bild mit dem Geschützbrunnen in den Lister Dünen und hunderte Luftaufnahmen von der Insel Sylt während des Krieges. Die RAF hatte stets aktuelle Informationen über die militärischen Bauten auf Sylt.

1945 sprengten die Engländer den Geschützbrunnen. Auf der Luftaufnahme sind heute noch vereinzelte Trümmer des Geschützbrunnens und verschiedene Inselbahntrassen zu erkennen.

In den 70er Jahren diente die Betonmauer des Geschützbrunnens der Graffitimalerei und für einzelne Parolen. Für Kinder war es immer ein sportlicher Wettkampf, am schnellsten auf den Geschützsockel zu klettern.

Die Bundeswehr sprengte in den 80er Jahren sämtliche Trümmer und bedeckte sie mit Dünensand.

Etwa 100 m nördlich des ehemaligen Geschützbrunnes erkennt man noch in der Betonstraße nach List den schrägen Übergang des damaligen Anschlussgleises zur Baustelle. (oben)

Die ehemalige Bahntrasse ist mit Heide bedeckt. (unten)

1941/42 baute die deutsche Wehrmacht eine 38 cm Batterie in Hanstholm/Dänemark, wie sie ähnlich auch auf Sylt geplant wurde.

Vier 38 cm Kanonen sollten von dort aus die Durchfahrt feindlicher Seestreitkräfte in das Kattegatt verhindern.

Geschützbrunnen mit Geschützsockel in der Festung „Hanstholm“.

Geschützsockel im Geschützbrunnen in der Festung „Hanstholm“.

Das Bettungsschießgerüst hat mit der 38 cm Kanone ein Gesamtgewicht von 650 t. Geschützbrunnen und Geschützsockel aus Beton(rot).

38 cm Granaten, Gewicht 550 kg bzw. 850 kg im Geschützbunker. (oben)

Granaten-Transportwagen im Geschützbrunnen. (unten)

Das Gleis der Muni-Bahn führt durch den Munitionsbunker zu den einzelnen Kanonen.

„Lieber eine Legende auf der Insel Sylt, als vier 38 cm Kanonen der Batterie Scheer in den Sylter Dünen“.

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