Der Gangbau des Denghoogs und seine Feuerstelle
Bei der Erforschung des Denghoogs im Jahr 1868 fand Dr. F. Wibel zwischen den gewaltigen Decksteinen zufällig eine mit kleineren Schlusssteinen geschlossene Lücke als Zugang. Darüber berichtet F. Wibel in seinem 1869 erschienenen Buch „Der Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt“.
Quelle: „Der Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt“, Dr. F. Wibel, 1869
Diese Lücke könnte ursprünglich der Rauchabzug für die darunter befindliche Feuerstelle gewesen sein. Denn ohne einen Rauchabzug lässt sich die Größe der Feuerstelle, die immerhin 25 % der Steinkammerfläche umfasst, nicht erklären. „Selbst nach über 5.000 Jahren zeigte sich gerade an den über diesem Platz zusammenstoßenden Decksteinen 1 und 2 eine sehr deutliche Schwärzung (durch Rauch). Ich werde deshalb in der Folge diese Abteilung die Feuerstelle benennen“.
Wibel, Seite 8
„Die Feuerstelle war von dem übrigen Raum durch 5 verschieden lange, platte Steine abgetrennt. Sie ragten ca. 25 cm über dem Bodenniveau hervor und wurden zusätzlich durch kleinere dahinter gelegte Steine als Widerlager gestützt. Der besonders sorgfältig zugerichtete Untergrund bestand, wie aus Fig.4 ersichtlich, in der ganzen Ausdehnung der Feuerstelle aus einer ca. 9 cm dicken Lage kleiner Steinfragmente und einem darunter ruhenden vollkommenen Pflaster platter Steine“.
Wibel, Seite 8
Der 6 m lange Gang könnte auch als Zuluftkanal für die Feuerstelle gedient haben. Daher sind die Findlinge im Gangbereich, ebenso wie die in der Kammer, durch ein Zwickelmauerwerk aus einem Kleiboden/Steine Gemisch, nahezu Luftdicht verbunden. Den Zuluftkanal hat man bei vergleichbaren Gangbauten stets von der dem Starkwind abgewandten Seite angelegt (Süd/Ost, Ost und Nord/Ost).
Durch eine Lücke in der 25 cm hohen Trennwand wurde die kalte Zuluft unterhalb des Bodenniveaus an die Feuerstelle herangeführt. Dort verteilte sie sich, geschützt von der 25 cm hohen Trennwand, gleichmäßig auf die 9 cm hohe Lage kleiner Steinfragmente und wird langsam vorgewärmt. Denn auf dieser Ebene hat man das eigentliche Feuer erst entzündet. In der Mitte des Ganges konnte die Zuluft bei 2 Findlingen durch flache Steine, Hölzer oder Tierfelle reduziert werden.
Daraus kann man schließen, dass der Denghoog ursprünglich als abgeschlossener Raum zur Herstellung von Tongefäßen und Verarbeitung von Birkenrinden Teer/Pech gebaut wurde. Denn dafür brauchten die Menschen ein gleichmäßiges, dauerhaftes Feuer, ein umfassendes Wissen und eine sichere Werkstatt.
Große Höhlen, wie sie die Menschen in Mittel- und Südeuropa bewohnten, gab es in Norddeutschland und Skandinavien nicht.
Es bedarf indessen noch einige weitere Bemerkungen über unsere Objekte
„Zunächst sei hier erwähnt, dass die Gefäße IV und VIII, namentlich das letztere, sehr deutliche Spuren des Gebrauchs im Feuer verraten. An beiden zeigt sich eine, nicht etwa gleichmäßige und durch Einreiben mit Kohle bewirkte, sondern eine lokale Schwärzung, welche bei VIII sich bis zu einer ziemlich starken Kruste von schwarzer Masse steigert“.
Wibel, Seite 18
Bei der näheren chemischen Prüfung ergab sich dieselbe als eine sehr aschenreiche Kohle und da diese vorwiegend an der Innenfläche saß, so bleibt zu vermuten, dass sie von Speiseresten herrührt. Es sei zugleich betont, dass dieses Gefäß bei Fundstelle 8, also nahe der Feuerstelle und das Gefäß IV bei der Fundstelle 4 in der Feuerstelle gelegen hat. ….. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass ehedem sämtliche Gefäße sehr wohl zu jenen Zwecken brauchbar gewesen sind.“
Wibel, Seite 18
„Auch das Fahnden auf Glas- und Thon-Schmucksachen, sowie auf Gewebe-und Nahrungsmittel-Reste blieb fruchtlos“.
Wibel, Seite 10
Bei der von Wibel erwähnten schwarzen Masse handelt es sich offenbar um Birkenrinden Teer/Pech, das im Pyrolyseverfahren hergestellt wurde.
Quelle: Auszug aus einer Veröffentlichung von Claudia Gross & Thorsten Koch
Die Pyrolyse hat man vermutlich auch mit den Gefäßen IV und VIII auf der Feuerstelle im Denghoog durchgeführt und dabei das Gefäß IV als Auffanggefäß in die Lage der kleinen Steinfragmente gestellt. Für anfangs kleine Mengen Teer/Pech wurde das Doppeltopfverfahren wahrscheinlich schon in der Jungsteinzeit (um 3.500 v. Chr.) praktiziert.
Die Birkenrindenrückseite könnte man mit einem Flintsteinschaber gesäubert, in kleine Stücke geschnitten und in das obere Gefäß (VIII) eng eingepackt haben.
Dr. Maria Wunderlich schreibt in ihrem wissenschaftlichen Beitrag Der Denghoog LA 85 bei Wenningstedt auf Sylt: „Die Flintartefakte sind zum Teil erhalten. Bei unvollständigen Stücken lässt sich die ursprüngliche Form erkennen. Drei der Steine weisen keinen Schlagflächenrest mehr auf, während die restlichen Exemplare, bis auf eine teilweise mit Rinde bedeckte Schlagfläche, glatte Schlagflächen haben“.
Auszug, Seite 31
„An Steingeräten enthielt der Boden der Kammer verhältnismäßig wenig. U.a. fand sich ein schöner Hohlmeißel aus Flint an der Fundstelle 32. An dem Heftende fanden sich noch Reste einer braunen Masse, welche sich bei der Prüfung als Harz (Asphalt) ergaben, mittels dessen das Gerät in den Stiel festgekittet war“.
Wibel, Seite 27
„Oberschenkel eines erwachsenen Mannes aus dem Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt. Die zur Analyse verwendeten Fragmente eines Oberschenkelknochens bei der Fundstelle 41 waren lufttrocken sehr locker und ließen sich leicht zu einem feinen, gleichmäßigen, bräunlichgrauen Pulver zerreiben. Sie reagierten durchaus neutral“.
*“Die nähere Schilderung dieses interessanten Denkmals findet sich in dem Schriftchen: F. Wibel, der Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt. Kiel, 1869. Es hat für die vorliegende Untersuchung nur die Tatsache Interesse, dass in diesem Bau keinerlei Metallgegenstand gefunden wurde und derselbe aus diesen und anderen Gründen mit zu den älteren Überresten menschlichen Daseins, d.h. zu der eigentlichen, wenn auch nicht frühesten Steinzeit zu rechnen ist“.
Quelle: „Die Veränderungen der Knochen bei langer Lagerung im Erdboden und die Bestimmung ihrer Lagerungszeit durch die chemische Analyse“. Herausgegeben von K. W. M. Wiebel, Professor der Physik und Chemie, Seite 4 – (Prof. Wiebel ist der Vater von Dr. F. Wibel)
Aus der anschließenden Bronzezeit fand man in zahlreichen Hünengräbern auf der Insel Sylt Grabbeigaben, bei denen Teer/Pech in großen Mengen als Kleber oder in Verbindung mit Zierrat verarbeitet wurde.
Dies deutet darauf hin, dass nach bescheidenen Anfängen im Denghoog, die Fertigung und Verarbeitung von Teer/Pech an anderen Stellen auf der Insel Sylt mit neuen Herstellungsverfahren umfangreich fortgesetzt wurde.
Oben – Um 1935, der östliche Teil des Denghoogs (noch ohne Leiter), mit der ehemaligen Feuerstelle und dem Rest der 25 cm hohen Trennwand.
Unten – Der mit Erde und Steinen zugeschüttete Eingang zur Kammer im südlichen Bereich. Die Einstieglücke in den Denghoog war durch eine Holzluke mit einem Vorhängeschloss gesichert.
Im Frühjahr 1949 durften einige Kinder mit dem Heimatforscher Hermann Schmidt in den Denhoog hinabsteigen. Vor dem Einstieg erteilte Schmidt den Kindern strenge Verhaltensmaßregeln bis hin zu einer fehlenden Sprosse am Ende der Leiter. Im Lichtschein seiner Taschenlampe erklärte der Heimatforscher die Besonderheiten einzelner Findlinge, die Feuerstelle mit den restlichen Steinen der Trennwand und einen schwachen Lichtschein durch den zugeschütteten Gang.
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