„Wester See Kerken“ auf dem Roten Kliff

Die Geschichte der „Wester See Kerken“ ist offenbar wenig bekannt. Erbaut wurde sie vermutlich in der 2. Hälfte des 13. Jh. Im 16. Jh. und 17. Jh. hat man die Kirche in den damaligen Seekarten unter verschiedenen Namen eingetragen: 1585 „Westelander Kerck“, 1608 „Westlanderkerck“,1609 „Westerkärck“, 1615 „Westerkerck“ und 1630 „Wester Kerck“.

„Auf Befehl des Papstes wurden alle heidnischen Priester abgeschafft und alle anderen Prediger wieder angestellt. Dabei erhielten die 4 größten Kirchen zu Morsum, Heidum, Eydum und Wester See Kerken je zwei, die Rahtsborger Kerk sowie die kleine Kirche auf Norder Lyst je einen Prediger. Somit entfielen auf die 6 Kirchen zusammen 10 Prediger, unter denen sich auch der Vater des Chronisten Hans Kielholt, Albertus von Kyll, befand. Sämtliche Prediger wurden in der „Wester See Kerken“ ordiniert, dort wurden auch die Kirchen geweiht und benannt. Die älteste Kirche zu Morsum erhielt den Namen St. Martin, die Kirche zu Keitum St. Severin, zu Eydum St. Nicolaus, zu Wester See St. Peter, zu Ratsburg St. Maria und auf Norder-List St. Jürgen“.

Zitat: Prof. Friedrich Müller aus „Das Wasserwesen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste“ (Seite 47).

In der Segelanweisung zur Seekarte „Spiegel der Seefahrt aus dem Jahr 1585, schreibt der Verfasser Lukas Johannes Wagener (Auszug): „Auf dem Nordende von Silt liegt ein hohes, rotes Kliff. Da drauf steht eine Kreuzkirche und eine Mühle und da innen liegt ein Plateau, auf dem ein Haus steht. Wenn das Haus ungefähr eine Strichlänge nach Norden des Nordendes von Silt kommt und das schwarze Plateau das rote Kliff anfängt zu bedecken also, dass man es nicht mehr sieht, so habt ihr ein offenes Fahrwasser“.

Für den Hafen Wendingstadt hat sich die günstige Lage am Meer vermutlich im 13 Jh. geändert. Zu der Zeit wurde das tiefliegende Marschland ständig überflutet und die von der See her aufgeworfenen Sandwälle (Dünenkette) trieb der Wind und die Meeresströmung über das Küstenvorland bis hinauf auf das Rote Kliff. Allmählich versandete die Meeresbucht.

Zitat: Henning Rinken aus seiner „Chronik betreffend der Insel Sylt“.(Randziffer 20./11.)

„Nach Johann Meiers Charte bey Dankwart hat Wonnungstadt auf einer von Kampen Kliff S.W. ausstrekkender Erdzunge gestanden. An der Ostseite dieser Stadt, soll, der Sage nach ein guter Hafen für Schiffe gewesen seyn. Die Charte deutet an, daß an der Ostseite der erwähnten Erdzunge ein Revier oder Fluß gewesen und zwar in nördlicher Richtung ganz im Lande hinein gegangen und eine Chronik will bestimmen, daß dieser gewesene Fluß ganz im N.O. von dem jetzigen Dorfe Wenningstedt sein Anfang oder Ursprung genommen, wie man auch, bei genauer Betrachtung nicht anders urteilen kann. So hat dieser Fluß seinen Lauf durch Wenningstedt Kjar gehabt, von da durch die Erniedrigung bey Rißgap sein Ausfluß gehabt. Auch hier bey Rißgap endet sich das Süd-End von Kampen Kliff“.

„Burchardi Flut“ am 11./12.Oktober 1634

 In der Nacht vom 11./12. Oktober 1634 fegte ein Orkan aus Nord West über das Meer und schob während einer Springtide die Wassermassen gegen die Inseln und den Nordfriesischen Küstenbereich. Mit voller Wucht prallte die Brandung gegen das Rote Kliff und verursachte binnen kurzer Zeit starke Abbrüche.

Dem Vernehmen nach soll es schon mehrere Tage vor der der großen Flut sehr stürmisch gewesen sein. Bei starken süd/west Winden wurde das flache Marschland vor der Sylter Südküste und die stark versandete Bucht vor dem heutigen Wenningstedt bereits überflutet.

Zu der Zeit war der Tidenhub vermutlich höher als heute. Denn im Norden der Insel Sylt lag das Rote Kliff und südlich von Westerland, bis zur damaligen Südspitze der Insel, befand sich eine etwa 15 Meter hohe Dünenkette.

Südlich der Insel versperrte das Sylter Riff, mit zum Teil 4 Meter hohen Sandbänken den Auslauf der Gezeitenwelle in das heutige Wattenmeer.

Nach den Kliffabbrüchen befand sich die Kreuzkirche vermutlich nahe der Kliffkante, weil der massive Turm mit einem Teil des Mauerwerkes schon wenig später in das Meer stürzte.

Durch die mitreißende Brandung könnte sich am Ende der trichterförmigen Bucht auch eine 15 Faden tiefe Wehle gebildet haben.

Diese etwa 25 Meter tiefe Auskolkung befand sich ca. 400 Meter vor dem heutigen Kliff beim Risgap. Das Ergebnis einer Bohrung deutet darauf hin, dass die Wehle im Laufe der Jahre durch einen „Material-Mix“ wieder zugeschwemmt wurde.

Ein breiter Siel, der ursprünglich vor der Küste in nördlicher Richtung verlief, hatte sich durch veränderte Gezeitenströme zu einem breiten Landtief vergrößert, mit bis zu 10 Faden  (18 Meter) Wassertiefe.

An den Bohrkernen lässt sich ebenfalls nachweisen, dass es vor etwa 400 Jahren große Kliffabbrüche gegeben haben muss, die anschließend von rostfarbenbraun durchsetzten Sandschichten überdeckt wurden.

„ Nach der Sturmflut 1909 sah man bei Wenningstedt eine merkwürdige Erdfalte“.

Prof. Dr. Wilhelm Wolff schreibt in dem Heft „Die Entstehung der Insel Sylt“ Seite 29

„Dieselben Eisbewegungen, denen der Transport so gewaltiger Gesteins- und Bodenmassen über so ungeheuere Wegstrecken zu verdanken ist, haben nun aber auch höchst bemerkenswerte Kraftäußerungen auf den heimischen Untergrund ausgeübt. Dies gilt namentlich für den schwarzen pliozänen Ton. Nach der Sturmflut 1909 sah man bei Wenningstedt eine merkwürdige Falte desselben, die aus ihrer Umhüllung von Gletschersand freigespült war. Aber diese Falte ist noch eine verhältnismäßig geringfügige Erscheinung unter den vielen Zeugnissen gewaltsamer Bearbeitung des Tones durch das Gletschereis“. 

Wie sich 110 Jahre später beim Entfernen einer Betonbuhne herausstellte, hat die von Prof. Wolff entdeckte pliozäne Tonschicht eine Stärke von etwa 3 Meter. Die einzelnen Buhnenpfähle mussten mit Wasserdruck freigespült werden, bevor man sie ziehen konnte. Dabei zerbrachen die meisten Stahlbetonpfähle oberhalb der Tonschicht.

„Wenn man den Ton von dieser letzteren Stelle in Wasser auflöst und schlämmt, so bleibt feiner grauer Sand mit vielen Glimmerschüppchen und zahlreichen schwärzlichen Pflanzenteilchen zurück. Diese sind für das unbewaffnete Auge ganz unscheinbar. Untersucht man sie jedoch mit einem Mikroskop, so findet man unter ihnen wohlerhaltene Blütenstäubchen der verschiedensten Gewächse, wie Fichten, Föhren, Eichen, Birken, Haselsträucher, Gräser usw. Es Entsteht also eine Pflanzenwelt, die der heutigen recht ähnlich war“.

Zitat: Prof. Dr. Wilhelm Wolff in dem Heft „Die Entstehung der Insel Sylt“ (Seite 20)

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